Oder: Make People Happy – der nächste große Schritt in Sachen Unternehmenskultur
Slashwhy sind Spezialist:innen für individuelle, nutzerzentrierte Software. Die Teams unterstützen ihre Kund:innen bei der Entwicklung von digitalen Produkten und Geschäftsmodellen und begleiten sie bis zur fertigen, maßgeschneiderten Lösung. Bei seinem rasanten Wachstum legt das Unternehmen weiterhin Wert auf seine einzigartige Unternehmenskultur. Mittlerweile beschäftigt slashwhy 240 Mitarbeitende in ihren Offices in Hamburg und Osnabrück, die nur eines wollen: (to) Make People Happy.
Im Talk mit Schahab Hosseiny berichten Talent Managerin Johanna Götz und Marketing Managerin Sina Toya Sottong über das erfolgreiche „People and Culture Programm“ von slashwhy, das eine entscheidende Rolle im Unternehmen spielt. Dabei teilen sie Best Practices, die auch für andere Unternehmen inspirierend sein können, etwa in Hinblick auf flache Hierarchien, offene Kommunikation und wie man abstrakte Werte in der täglichen Zusammenarbeit anwenden kann.
Schahab Hosseiny: Herzlich willkommen im Studio, Sina und Johanna.
Beide: Danke schön.
Ohne Durchlässigkeit und Transparenz geht es nicht
Schahab Hosseiny: Wir haben einige Themen zu eurem Vortrag „The Power of People and Culture“ mitgebracht. Slashwhy ist in den vergangenen Monaten und Jahren stark gewachsen. Welche Herausforderungen hat diese Wachstumsgeschwindigkeit hinsichtlich der Unternehmenskultur mit sich gebracht? Wenn Start-ups schnell wachsen, steht das Thema Culture angesichts der zahlreichen Wachstumsschmerzen schließlich oft nicht im Vordergrund.
Sina Toya Sottong: Slashwhy ist im Jahr 2020 durch ein Management-Buy-out entstanden – also mitten in der Coronapandemie –, dementsprechend hatten wir vorher schon eine Unternehmenskultur etabliert. Diese aufrechtzuerhalten war uns insbesondere aufgrund der notwendigen Maßnahmen zur sozialen Distanzierung wie die Arbeit im Home-Office wichtig. Wir wollten unbedingt die Nähe zu den Mitarbeitenden aufrechterhalten.
Johanna Götz: Von Wachstumsschmerzen können wir uns auch nicht freimachen, es hat uns aber sehr geholfen, diese Herausforderungen auch in der großen Gruppe anzusprechen. Veränderungen tun immer weh, aber wir konnten bisher gut mit allem umgehen, weil wir Transparenz geschaffen haben.
Schahab Hosseiny: Wo Licht ist, ist bekanntermaßen auch Schatten. Wärt ihr rückblickend diesen Veränderungen anders begegnet?
Johanna Götz: In den bisher sieben Jahren, die ich slashwhy schon begleiten darf, haben wir unglaublich viel gelernt und natürlich lernt man am besten aus Fehlern. Aus unseren bisherigen Fehlern haben wir gelernt, dass wir früher erkennen möchten, wenn eine spezifische Fachlichkeit gebraucht wird. Ich habe als Office Managerin bei slashwhy begonnen, aber irgendwann bin ich mit meinen Kompetenzen im Hinblick auf Finanzen und Recht an eine Grenze gestoßen. Daraufhin sind weitere Unternehmenseinheiten und Kompetenzen im administrativen Bereich entstanden. Diese Bedarfe möchten wir in Zukunft noch früher erkennen.
Schahab Hosseiny: Das klingt nach einer hohen Durchlässigkeit und als wäre man bei euch nicht in einem statischen Korsett eingespannt, sondern als könnte man sich auch aktiv in anderen Bereichen einbringen. Ist das richtig?
Sina Toya Sottong: Absolut, das würde ich sofort unterschreiben. Die Transparenz und die Möglichkeiten zur Mitbestimmung und Weiterentwicklung sind sicherlich Besonderheiten von slashwhy. Johanna und ich konnten uns beide anhand unserer Fähigkeiten weiterentwickeln und in unseren Kompetenzbereichen neue Impulse ins Unternehmen einbringen.
Johanna Götz: Das gilt nicht nur für die administrativen Bereiche, sondern auch für die Entwicklung. Wenn man in einem Team ein bestimmtes Projekt bearbeitet, kann man sich trotzdem bei anderen Projekten einbringen und sich mit anderen Teams austauschen.
Schahab Hosseiny: Unglaublich viele Menschen nutzen die Wikipedia, aber nur wenige tragen dazu bei. Ist es ähnlich hinsichtlich der Durchlässigkeit bei slashwhy? Wird die tatsächlich in der Hinsicht angenommen, dass sich Teammitglieder proaktiv in anderen Bereichen einbringen, oder lebt die Unternehmenskultur primär von dem Angebot, auch wenn es nicht angenommen wird?
Johanna Götz: Das hängt natürlich stark von den individuellen Teammitgliedern ab. Es gibt Kolleg:innen, die einfach gerne Software schreiben und nichts anderes tun möchten. Das ist vollkommen in Ordnung und diese Kolleg:innen schätzen wir ebenso wie diejenigen, die sich auch in anderen Bereich einbringen möchten. Mittlerweile haben wir eine gute Balance gefunden zwischen Themen, bei denen viele gerne mitmischen möchten und Themen, die eher weniger Menschen begeistern.
Sina Toya Sottong: Neben den festen Projekten haben wir sogenannte Chapter-Arbeiten, bei denen sich die Kolleg:innen nach Interesse einbringen können. Das passiert aber auf freiwilliger Basis und ist keine Pflicht. So bewegen sich alle in ihrer jeweiligen Komfortzone.
Schahab Hosseiny: Ihr habt schon den Management-Buy-out angesprochen. Das bedeutet stets eine eigene Unternehmensidentifikation und viele Veränderungen, während das Team aber oft dasselbe bleibt. Wie seid ihr mit der neuen Unternehmensidentität umgegangen und wie hat das Team darauf reagiert?
Johanna Götz: Wir als slashwhy-Gruppe hatten schon eine starke eigene Identität, als wir noch Teil einer größeren Unternehmensgruppe waren. Alle hatten sich zu einer agilen Arbeitsweise bekannt und dadurch hatten wir schon vor dem Buy-out ein starkes Band. Durch den Management-Buy-out konnten wir diese Verbindung durch die eigene Marke und den Wertekompass, den wir für uns aufgestellt haben, nach außen sichtbar machen. Das hat uns auf jeden Fall einen Boost verschafft.
Wir stoßen andererseits immer wieder auf etablierte Abläufe, die einfach so übernommen und mittlerweile reformbedürftig sind. Das betrifft insbesondere administrative Prozesse, in der Hinsicht ist stetiges Lernen das Credo.
Sina Toya Sottong: Das Besondere bei dem Management-Buy-out war, dass wir die neue Marke intern – also ohne externe Agenturen – aufgebaut haben. Wir hatten Leute, die sich mit unserem Mindset auseinandergesetzt haben und auf dieser Basis die Marke slashwhy gebildet haben. Unsere Werte hatten wir schon vorher, jetzt haben wir sie aber neu formuliert und mit einem eigenen Werte-Hackathon entwickelt. Das sind Besonderheiten, die sicherlich dazu beigetragen haben, dass alle – auch die etablierten – Kolleg:innen bei slashwhy die neue Identität mittragen.
Johanna Götz: Das fängt schon beim Unternehmensnamen an. Wir hatten zahlreiche Ideen und in wochenlangen Beratungen sind wir schließlich zu slashwhy gekommen.
Slashwhy steht für Verbindung und Sinn
Schahab Hosseiny: Wofür steht slashwhy vom Wording her und auch in visueller Hinsicht?
Johanna Götz: Der Slash ist ein in der Programmierung häufig verwendetes Element und steht auch in der Mathematik für Verbindungen. Für uns war es immer ein starker Antrieb, Verbindungen zwischen Menschen – Kolleg:innen, Kund:innen wie Nutzenden – herzustellen. Deshalb sollte dieses Element auch in unserem Namen stattfinden.
Das Why ist das andere Element: Warum treten wir hier überhaupt an? Warum wollen wir Software entwickeln? Warum sind uns die Nutzenden wichtig? Was wollen wir für unsere Kund:innen erreichen?
Sina Toya Sottong: Visuell steht natürlich der Slash im Mittelpunkt und mit dem Why haben wir uns an dem Golden Circle von Simon Sinek orientiert, bei welchem das Why den Mittelpunkt bildet. Bei uns hat der Kreis eine Grapefruit-Farbe als Symbol für die Menschlichkeit, die uns besonders wichtig ist.
Schahab Hosseiny: Das klingt nach einem komplexen Vorgang und als wäre diese Idee das Produkt eines kollektiven Reifeprozesses. Wie lange ist der Management-Buy-out jetzt her?
Sina Toya Sottong: Etwa drei Jahre.
Schahab Hosseiny: Und wie viele Kolleg:innen wart ihr am Anfang?
Johanna Götz: Ich war Mitarbeiterin Nummer 13.
Schahab Hosseiny: Ihr wart also noch deutlich kleiner als heute. Eine Unternehmenskultur wächst – das ist ein normaler Vorgang und Wachstum kann man durchaus als etwas Positives betrachten. Wenn ihr die Startphase mit heute vergleicht, wo seht ihr die elementarsten Unterschiede und wie ist eure Kultur geleitet gewachsen. Eine Kultur kann auch ungeleitet wachsen, aber man kann dieses Wachstum auch frühzeitig in die richtigen Bahnen lenken.
Johanna Götz: Vor sieben Jahren konnten wir noch mit 13 Leuten mittags zusammen Nudeln kochen – das geht heute mit 240 Mitarbeitenden an zwei Standorten nicht mehr. Trotzdem steckt das gemeinsame Nudelkochen noch in unserer Kultur und mit jeder zusätzlichen Person hat sich eine weitere Schicht um diesen Kulturkern herumgelegt. Wir haben in der Zwischenzeit viel gelernt und mit dem Management-Buy-out ist viel Reibung entstanden. Deshalb kann man die Kultur von damals nicht mehr mit der von heute vergleichen, sie enthält aber noch denselben Kern.
Das Schlüsselelement für das geleitete Wachstum war, dass wir uns von Anfang an zu einem agilen Mindset und einer agilen Arbeitsweise bekannt haben. Unsere administrativen Strukturen sollen möglichst viel Bewegung und Freiheit zulassen, damit unsere Kolleg:innen nicht von einem starren Korsett eingeschränkt werden. Das lässt sich manchmal nicht gänzlich vermeiden, weil wir in einem bürokratischen Land arbeiten und leben, dessen Gesetze uns einen gewissen Spielraum vorgeben.
Durch das Management-Buy-out konnten wir uns zudem Gedanken darüber machen, was unsere Werte sind, was uns antreibt und wie wir miteinander kommunizieren möchten. Das hat uns einen wichtigen Anschub gegeben.
Augenhöhe und flache Hierarchien – wer ist schlussendlich verantwortlich?
Schahab Hosseiny: Ich würde gerne noch mehr über eure Organisationsstruktur sprechen. Zumindest in Deutschland sehen wir einen Trend hin zu mehr Agilität und Durchlässigkeit und weg von pyramidalen Organisationsstrukturen, die in großen Konzernen oft von Machtzentren geprägt sind und wenig Agilität in der administrativen Nutzbarkeit hergeben. Für welche Organisationsform habt ihr euch entschieden oder habt ihr eine individuelle Organisationsform erstellt?
Sina Toya Sottong: Wir haben eine Organisationsform ausgewählt, die zu unserer Identität passt und die großen Wert auf Augenhöhe setzt. Natürlich haben wir dennoch einen Aufsichtsrat, aber – und das ist sicherlich eine Besonderheit – wir haben auch Führungsteams. Das bedeutet, dass einzelne Bereiche einen großen Handlungsspielraum haben, dabei aber nicht von einer einzelnen Person, sondern einem Team geleitet werden und auch die Arbeitsteams treffen untereinander Entscheidungen. Dadurch finden viel Kommunikation auf Augenhöhe und Mitbestimmung statt. Ich kenne kein Lehrbuchmodell, in dem das vorgesehen ist.
Johanna Götz: In der Literatur gibt es dazu Ansätze, die aber stets in der Praxis scheitern. Wir haben mit einer sehr einfachen Struktur angefangen, aber je mehr wir gewachsen sind, desto klarer wurde uns, dass wir gewisse Strukturen und Verantwortlichkeiten benötigen. Führung bedeutet bei uns allerdings nicht Hierarchie: eine Führungskraft zu sein, bedeutet nicht automatisch eine höhere Position in der Pyramide. Unsere Führungskräfte sind weiterhin Teil ihres Teams oder ihrer Zelle und dafür verantwortlich, den anderen Teammitgliedern den Rücken freizuhalten.
Schahab Hosseiny: Wie kann man sich diese demokratischen Grundentscheidungen in der Praxis vorstellen? Was passiert, wenn ein Team keinen Konsens erreicht, wer trifft dann die Entscheidung? Und wer ist juristisch haftbar, wenn das Team eine rechtswidrige Entscheidung trifft?
Johanna Götz: Dafür haben wir ein Company Backlog. Wann immer ein:e Kolleg:in einen Missstand im Unternehmen erkennt, kann dafür ein Ticket im Company Backlog erstellt werden. Alle haben darauf Zugriff und können die Tickets einsehen. Wenn sich mehrere Menschen finden, die an diesem Problem arbeiten möchten, bilden sie eine Arbeitsgruppe und erarbeiten eine Lösung für das Problem. Das kann auch scheitern, etwa weil die Dimension des Problems überschätzt wurde, und dann wird die Arbeitsgruppe eingestellt. Aber aktuell ist das unser Lösungsansatz für unternehmensinterne Ecken und Kanten.
Schahab Hosseiny: Kommt dieser Ansatz auch bei Pattsituationen zum Einsatz?
Johanna Götz: Wenn es juristische Gründe gegen bestimmte Lösungen gibt, dann schlägt das Gesetz natürlich alles andere. Dasselbe gilt hinsichtlich steuerlicher Vorgaben. Aber wenn es um Entscheidungen mit Spielraum geht, sind die Arbeitsgruppen durchaus eine gängige Lösung für Pattsituationen. Das Konsensverfahren ist bei uns ein klassischer Entscheidungsweg: wenn niemand einen triftigen Einwand gegen eine Entscheidung hat, wird sie auch ausgeführt.
Schahab Hosseiny: Slashwhy ist eine Kapitalgesellschaft und obwohl ihr nicht börsennotiert seid, verpflichtet euch diese Unternehmensform dennoch zur Umsatz- und Gewinnmaximierung. Wie geht ihr damit um, dass viele Unternehmen auf Gewinnmaximierung statt Unternehmenskultur ausgerichtet sind? Damit möchte ich natürlich eure Profitabilität nicht negieren, denn eine Investition in die Kultur muss man sich als Unternehmen erst einmal leisten können.
Sina Toya Sottong: Natürlich haben wir als Unternehmen ein Interesse an Wirtschaftlichkeit. Wir glauben gleichzeitig daran, dass zufriedene Mitarbeitende zu erfolgreichen Projekten führen und gerne mit ihrer kreativen Energie an der Weiterentwicklung eines Unternehmens beitragen. Deshalb hören wir unseren Kolleg:innen zu und verschaffen ihnen Freiräume zur Mitgestaltung. Das ist ein wichtiger Baustein unserer Wirtschaftlichkeit und unserer Fähigkeit, gute Projekte für unsere Kund:innen zu erarbeiten.
Johanna Götz: Alle im Unternehmen wissen, dass wir Geld verdienen müssen. Einmal im Monat haben wir ein Monthly – also ein Remote-Treffen mit allen Interessierten, bei dem die Kolleg:innen aus dem Finanzwesen die Ergebnisse des vergangenen Monats vorstellen. Das sind etwa die direkten und indirekten Kosten, was wir verdient haben und wie sich der Verdienst zu unseren Zielvorgaben verhält. So haben alle stets einen guten Überblick über die Finanzwelt und damit die Voraussetzung für eine schöne Arbeitswelt und spannende Projekte.
Wie slashwhy abstrakte Werte in konkrete Arbeitsweisen übersetzt
Schahab Hosseiny: Wir haben schon über den Wertekatalog gesprochen, den ihr gemeinsam erarbeitet habt. Dazu würde ich gerne ein Beispiel aus einem anderen Unternehmen erläutern. Dort wurde Wertschätzung als wichtiger Wert definiert, was sicherlich in den meisten Unternehmen konsensfähig wäre. In der subjektiven Wahrnehmung der Teammitglieder hat sich allerdings ergeben, dass sie es als eine Verletzung dieses Wertes empfanden, wenn Mitarbeitende etwa aus Liquiditätsgründen gekündigt wurden. Die Unternehmensführung hat dagegengehalten und gesagt, dass sich die Wertschätzung darin ausdrückt, wie man Mitarbeitende kündigt. Statt die Kündigung postalisch zuzustellen, wurden sie in einem Einzelgespräch ausgesprochen und mit Unterstützungsangeboten unterfüttert.
Werte zu erstellen und zu visualisieren ist meiner Erfahrung nach die eine Sache, doch es gehört einiges mehr dazu, sie tatsächlich zu leben. Wie schafft ihr es, bei allen dasselbe Verständnis für die gemeinsam erarbeiteten Werte entstehen zu lassen?
Johanna Götz: Ich stimme deiner Beschreibung zu. Als Unternehmen Werte zu definieren, ist natürlich großartig für die Außenwirkung, aber die große Kunst besteht darin, diese Werte mit Leben zu füllen. Unser erster Schritt in diese Richtung war, unsere Werte gemeinsam im Werte-Hackathon zu entwickeln, wodurch sich die beteiligten Mitarbeitenden bereits in gewisser Hinsicht zu den Werten bekannt haben.
Dass ein Wert fehlinterpretiert oder missbraucht wird, kann man dennoch nie ganz ausschließen. Wir haben alle unsere individuellen Ziele und möchten gerne andere von unseren (vermeintlich) guten Ideen überzeugen. Natürlich kann es dabei vorkommen, dass man mal über das Ziel hinausschießt. Die große Kunst besteht darin, offen über die etwaige Verletzung von Werten zu sprechen und Unstimmigkeiten möglichst schnell zu beheben. Das ist ein stetiger Verbesserungsprozess, an dessen Ende wir noch lange nicht angekommen sind.
Um alle Mitarbeitenden dafür zu sensibilisieren, haben wir mehrere Onboarding-Termine, wobei sich einer ausschließlich um die Themen Werte und Kultur dreht. Ein weiterer Termin befasst sich ausschließlich mit Kommunikation und dort üben wir diese wertschätzenden Gespräche.
Sina Toya Sottong: Wir investieren auch in Persönlichkeitsschulungen, bei denen unsere Kolleg:innen lernen, verständnisvoll miteinander umzugehen und warum andere Menschen auf bestimmte Weisen reagieren. Das trägt zu einem gemeinsamen Mindset bei, was uns sehr wichtig ist.
So fördert und misst slashwhy die Zufriedenheit seiner Mitarbeitenden
Schahab Hosseiny: Ihr habt also neben der fachlichen auch eine persönliche Lernkurve, das finde ich sehr fortschrittlich. Im Zusammenhang mit der Mitarbeitendenzufriedenheit fällt mir das Land Bhutan ein. Dessen Regierung hat beschlossen, nicht mehr das Bruttoinlandsprodukt (BIP), sondern das Brutto-Nationalglück als Key-Performance-Indicator (KPI) zu definieren. Es gibt bereits einige spannende Studien zu den Implikationen dieser Entscheidung.
Wie messt ihr die Zufriedenheit eurer Mitarbeitenden? Ich kann mir vorstellen, dass das gar nicht so einfach ist, weil Glück von jedem Menschen anders empfunden wird. Ein Unternehmen mit so vielen Entwickler:innen und Mathematiker:innen hat aber sicherlich eine starke rationale Ader und das Bedürfnis, auch subjektive Faktoren zu messen.
Johanna Götz: Wir führen einmal im Quartal eine Zufriedenheitsumfrage unter den Mitarbeitenden durch, sowohl in Hinblick auf die Arbeit in den Teams als auch die persönliche Zufriedenheit. Dabei werden einige Bereiche regelmäßig abgefragt, damit wir die Entwicklung in dieser Hinsicht messen können. Zusätzlich können wir Fragen zu Themen stellen, die in dem jeweiligen Quartal wichtig sind. Das machen wir seit mindestens zwei, vielleicht sogar schon drei Jahren, wodurch wir bereits eine Fülle von Datenpunkten sammeln konnten.
In vielen Teams gibt es zudem einen Health Check. In meinem Team bedeutet das, dass wir wöchentlich kurz die Höhepunkte, Tiefpunkte und das allgemeine Befinden zusammentragen. Das schauen wir uns alle paar Wochen gemeinsam an und reflektieren die Ergebnisse gemeinsam. Und das ist nur ein Tool in unserem unternehmenseigenen Werkzeugkasten.
Sina Toya Sottong: Die quartalsweise Umfrage ist natürlich anonym. Das macht sie zu einem wirkungsvollen Instrument insbesondere für die neuen Kolleg:innen, welche die offene Feedback-Kultur noch nicht gewöhnt sind. Grundsätzlich ermutigen wir unsere Kolleg:innen aber zu offenen Gesprächen und offenem Feedback. Dazu gehört selbstverständlich die Sicherheit, dass auch kritisches Feedback keine negativen Konsequenzen hat. Neue Impulse greifen wir oft in sogenannten Team Times auf, in denen wir ergründen, was wir noch verbessern können.
Schahab Hosseiny: Wenn ihr Daten erhebt, achtet ihr sicherlich auf bestimmte Kennzahlen. Was sind für euch die wichtigsten KPIs?
Johanna Götz: Bei diesen Quartalsumfragen gibt es konstant gleichbleibende Fragen, deren Antworten wir im Zeitverlauf vergleichen. Dazu gehört etwa der Net Promoter Score (NPS), also die Wahrscheinlichkeit, dass unsere Kolleg:innen slashwhy als Arbeitgeber weiterempfehlen würden. Aber eine Zielmarke für die Zufriedenheit der Beschäftigten haben wir nicht. Neben der Umfrage hat vor allem auch die allgemeine Stimmung eine hohe Aussagekraft, die kann man schwer messen.
Kann man im Home-Office eine Unternehmenskultur entwickeln?
Schahab Hosseiny: Ihr seid während der Coronapandemie stark gewachsen und habt aufgrund der Vorschriften zum Social Distancing – und vielleicht auch aus eigener Motivation – das Thema Home-Office in den Fokus genommen. Inzwischen habt ihr wunderschöne Büroräume und die Pandemie wurde offiziell für beendet erklärt. Wie geht ihr heute mit dem Thema Home-Office um? Ist es für die Unternehmenskultur und Zufriedenheit wichtig, regelmäßig physisch zusammenzukommen? Oder setzt ihr weiterhin stark auf das Home-Office, um eure Attraktivität als Arbeitgeber zu erhöhen und weil die Software-Entwicklung nicht unbedingt einen Büroraum erfordert?
Sina Toya Sottong: Zu Beginn der Coronapandemie hatten wir sicherlich den Vorteil, dass wir uns schnell umstellen konnten und gute Tools für eine ortsunabhängige Kommunikation hatten. Wie du sagst, müssen die Entwickler:innen ihre Arbeit nicht an einem bestimmten Ort verrichten, aber die Kultur findet ganz klar im Büro statt. Wir haben uns bewusst gegen das Modell der Remote-First-Company entschieden, sondern möchten die Mitarbeitenden gerne wieder zusammenbringen. Dabei spielen nicht nur kulturelle, sondern auch soziale Aspekte eine Rolle; viele Menschen hatten während der Pandemie im Home-Office mit Einsamkeit zu kämpfen.
Wir haben kürzlich in noch größere, einladende Büroräume investiert und bieten unterschiedliche Aktionen an, um einen attraktiven Ort der Begegnung zu schaffen. Natürlich haben wir auch Kolleg:innen, die lieber zu Hause arbeiten, aber viele kommen inzwischen gerne zurück ins Büro. Für mich kann ich jedenfalls sagen, dass der kurze Schnack an der Kaffeemaschine mir wieder sehr wichtig geworden ist.
Johanna Götz: Vollkommen remote werden wir nie werden, gleichzeitig glaube ich nicht, dass sich die Büroräume jemals wieder so füllen werden wie vor der Pandemie. Menschen sind Gewohnheitstiere und mittlerweile haben wir uns daran gewöhnt, wenigstens ein paar Tage in der Woche zu Hause zu arbeiten. Wir haben kürzlich das mobile Arbeiten bis zu einem gewissen Grad auch vertraglich verankert.
Mit offener Kommunikation neue Führungskräfte onboarden
Schahab Hosseiny: Das stimmt, Privilegien lassen sich schwer wieder zurücknehmen. Ich möchte noch einmal zu den Führungskräften zurückkommen. Ihr habt erzählt, dass ihr bei euren Onboarding-Terminen auch über eure Werte und Kultur sprecht. Wenn Menschen aus anderen Unternehmen zu euch kommen, haben die vermutlich bisher in einem vollkommen anderen Umfeld gearbeitet und müssen sich erst einmal auf eure Arbeitsweise und Kommunikation einstellen. In Bezug auf Beschäftigte im operativen Bereich ist das sicherlich schon eine große Aufgabe, aber wie geht ihr das in Hinblick auf die Führungskräfte an?
Sina Toya Sottong: Für das Onboarding von Führungskräften nehmen wir teilweise externe Schulungen in Anspruch. Die Besonderheit besteht bei uns allerdings darin, dass wir Führungsteams bilden und selten eine Person allein für etwas verantwortlich ist. Durch die Zusammenarbeit in den Führungsteams werden unsere Kultur, unser Mindset und unser Selbstverständnis stetig an die neuen Teammitglieder weitergegeben. Viele unserer langjährigen Kolleg:innen verstehen wir zudem als Multiplikator:innen. Bei Schulungen ist allerdings Johanna die richtige Ansprechpartnerin, vielleicht kannst du noch mehr dazu sagen.
Johanna Götz: Du hast das schon alles richtig umrissen. Natürlich kaufen wir uns Kompetenz auch mal von außen ein, viel passiert aber auch durch das Miteinander; durch die offene Kommunikation lernen neue Führungskräfte unsere Kultur schnell kennen. Wenn man aus einem Unternehmen mit einer starken Hierarchie kommt, ist das anfangs sicherlich ein Kulturschock, aber hoffentlich öffnen wir mit unserer Arbeitsweise die Tür zu einer neuen Arbeitswelt, die zumindest ich als attraktiv und angenehm empfinde.
Schahab Hosseiny: Wie kann ich mir diese Führungsteams quantitativ vorstellen?
Sina Toya Sottong: Die Führungsteams bestehen in der Regel aus zwei, stellenweise aus drei Leuten. Das hängt von der Größe des Arbeitsteams ab und wie viele Ansprechpartner für das Team gebraucht werden. Wir achten zudem darauf, dass sich die Kompetenzen und Fähigkeiten der Führungskräfte ergänzen.
Schahab Hosseiny: In der herkömmlichen Unternehmenswelt würde man von einer Doppelspitze sprechen. Die agiert bei euch aber nicht stellvertretend, sondern kooperativ, richtig?
Sina Toya Sottong: Genau.
Johanna Götz: Man kann sich das wie ein Tandem vorstellen. Manchmal ist eine Führungskraft etwas einfühlsamer und die andere etwas direkter und durch diese unterschiedlichen Facetten ergänzen sich die Tandems.
Wer Leistung will, muss Sinn stiften
Schahab Hosseiny: Johanna, du hast eben so viel gesagt wie „wer Leistung will, muss Sinn stiften“. Was ist die intrinsische Motivation eurer Kolleg:innen, jeden Tag ins Büro zu kommen oder sich zu Hause an den Laptop zu setzen und Vollgas zu geben?
Johanna Götz: Ich glaube, dass sich die Teams untereinander stark antreiben. Wir bringen Menschen zusammen, die gerne füreinander ein- und aufstehen und so gut miteinander arbeiten, dass sie gerne jeden Tag zur Arbeit kommen. Hinzu kommt, dass sich entweder die Fachlichkeit und das Wissen der Mitarbeitenden gut ergänzen oder wir Paare aus erfahrenen und weniger erfahrenen Kolleg:innen bilden, in denen die weniger erfahrenen Kolleg:innen eine wertvolle Unterstützung erfahren.
Sina Toya Sottong: Wie unser Name schon sagt, treibt uns natürlich auch das Why an. Unser Slogan „Make People Happy“ bezieht sich einerseits auf die Mitarbeitenden, aber auch auf die Kund:innen und Nutzenden der von uns entwickelten Software. Ich glaube, dass sich unsere Kolleg:innen damit identifizieren können und dass sie das antreibt.
Schahab Hosseiny: Eurer Website kann entnommen werden, dass ihr ständig nach neuen Kolleg:innen sucht. Wie kann man mehr über euch erfahren, wie sieht euer Recruiting-Prozess aus und in welchen Segmenten sucht ihr aktuell?
Johanna Götz: Alle Interessierten können uns über unsere Website kontaktieren. Unser Recruiting-Prozess ist mehrschichtig. Wenn wir eine Bewerbung erhalten, führen wir zunächst ein Telefongespräch, um zu ergründen, ob beide Seiten einander sympathisch sind und welche Vorstellungen und Wünsche die Person hat, die sich bei uns bewirbt. Im Anschluss führen wir ein oder zwei Gespräche zusammen mit direkten Kolleg:innen aus dem zukünftigen Team. In welchen Segmenten wir suchen, erfährt man auf unserer Website, wir suchen aktuell jedenfalls in zahlreichen Bereichen nach neuen Kolleg:innen.
Sina Toya Sottong: Zurzeit suchen wir sowohl in Hamburg als auch in Osnabrück.
Schahab Hosseiny: Ich habe sehr viel in diesem Gespräch gelernt. Bei Nachfragen zu diesem abstrakten Thema kann man sich bestimmt bei euch melden, richtig?
Beide: Gerne.
Schahab Hosseiny: Herzlichen Dank für euren Input. Ich gebe zum Abschluss noch das Wort an Christoph weiter.
Wann kommt die Vier-Tage-Woche?
Christoph Steger: Ich habe einige Frage zu eurem schönen Talk über Slido bekommen, von denen ich euch gerne noch einige stellen würde. Wie steht ihr zu der Vier-Tage-Woche, die kürzlich von der IG Metall wieder ins Gespräch gebracht wurde?
Johanna Götz: Ich persönlich arbeite in Teilzeit und habe schon jetzt eine Vier-Tage-Woche. Wir führen die Diskussion rund um die Vier-Tage-Woche für alle bereits, sind aber noch nicht so weit, dass wir sie in die Praxis umsetzen können. Ein anderer interessanter Vorschlag ist der Fünf-Stunden-Tag. Wir halten jedenfalls weiterhin die Ohren gespitzt und sind gespannt, wie sich das in Zukunft entwickelt.
Christoph Steger: Die Work-Life-Balance ist generell ein wichtiges Thema – speziell bei den jüngeren Generationen. Auf der anderen Seite konkurrieren wir mit Ländern mit China, wo die Einstellung zur Arbeit – zumindest noch – eine ganz andere ist. Habt ihr eine Meinung dazu, wie wir damit umgehen können?
Johanna Götz: Ich habe eine kleine Tochter, die bald zwei Jahre alt wird. Wenn ich meine Arbeitszeit nicht flexibel einteilen und in Teilzeit arbeiten könnte, hätte ich Schwierigkeiten mit der Betreuung und dem Zusammenbringen von Arbeit und Familie. Deshalb glaube ich, dass Flexibilität und Work-Life-Balance zumindest in unserem Kulturkreis eine immer wichtigere Rolle spielen werden. Die nachrückenden Generationen werden zudem viel höhere Anforderungen an die Selbstverwirklichung und das Vereinbaren von Freizeit, Leidenschaften und Beruf haben. Darauf werden wir uns perspektivisch einstellen müssen.
Sina Toya Sottong: Das gilt auch für Menschen ohne Kinder. Ich habe bei slashwhy mit geringeren Wochenstunden angefangen, weil ich noch nebenbei studiert habe und nach dem Studium einfach so weitergearbeitet, weil mir Freizeit und Flexibilität wichtig sind.
Christoph Steger: Schahab, du bist ja unser China-Experte. Wie siehst du das? Glaubst du, dass die Flexibilität ein Wettbewerbsvorteil für uns ist?
Schahab Hosseiny: Das ist ein gesellschaftlicher Wettlauf. Wenn wir die Einkommenssituation der breiten Bevölkerung in China mit der in Europa vergleichen, existiert weiterhin ein Gefälle zugunsten Europas. Dennoch glaube ich, dass wir in unserer globalisierten Welt in absehbarer Zeit einen Wettbewerbsnachteil erleiden werden. In dem Zusammenhang spielt auch die Entwicklung von KI eine entscheidende Rolle.
Wenn man sich die Maslowsche Bedürfnishierarchie anschaut, steigt die junge Generation in Europa schon auf einem hohen Level ein und ist von Anfang an nah am Segment der Selbstverwirklichung dran, weil ihre Grundbedürfnisse von Anfang an erfüllt sind. Eigentlich müsste man diese Bedürfnishierarchie darum neugestalten. Das verändert sich aktuell allerdings – wir haben immerhin wieder Krieg in Europa. Wenn wir uns die junge Generation in der Ukraine anschauen, sind die in einem ganz anderen Segment einzuordnen.
Abgesehen von diesen Sondersituationen werden wir gegenüber kommunistischen Staaten wie China, in denen der Faktor Mensch allein aufgrund der Bevölkerungsdichte eine geringere Bedeutung hat, in einen Wettbewerbsnachteil geraten. Kurz gesagt: Wir werden schon heute und insbesondere in der Zukunft mit einem harten Wettbewerb konfrontiert.
Christoph Steger: Vielen Dank, Sina und Johanna, dass ihr zu uns ins Studio gekommen seid, und dir Schahab, dass du diesen Talk gehostet hast. Bei uns geht es am 16. Mai 2023 mit dem Digital Marketing Deep Dive und am 23. Juni 2023 in Berlin mit fünf Stages und über 60 Speakern weiter. Seid ihr auch am Start?
Johanna Götz: Sind wir denn eingeladen?
Christoph Steger: Darüber sprechen wir gleich mal. Bis bald, wir freuen uns auf euch.